Konjunkturbericht Frühjahr 2024


Konjunkturbericht Frühjahr 2024

Lupe die auf einer Grafik liegt

Handwerkskonjunktur schleicht im Kriechgang
 
Die Konjunktur im Handwerk des Kammerbezirks Münster schleicht im Frühjahr 2024 kaum merklich im Kriechgang voran. Eine schwindende Investitionsbereitschaft ist das deutlichste Merkmal der konjunkturellen Schwäche. Das sind die Ergebnisse der aktuellen Umfrage, an der sich 844 Betriebe beteiligt haben.
 
Die Geschäftslage hat sich besser entwickelt als im Herbst noch von den Betrieben erwartet. Erneut bilden die Betriebe, die ihre aktuelle Geschäftslage mit „gut“ bewerten, mit 45 Prozent die größte Gruppe. „Schlecht“ finden 17 Prozent ihre Geschäfte. 38 Prozent bewerten sie mit „befriedigend“. Der Anteil mit „schlechten Geschäften“ hat sich übers Jahr jedoch merklich vergrößert.
 
Die Erwartungen hinsichtlich der Geschäftslage in den kommenden Monaten sind geteilt. Besonders der Bau, aber auch die Zulieferer gehen von einer spürbaren Verschlechterung aus. Die Gesundheitsberufe rechnen mit einer kleinen Verbesserung. Die anderen Branchen sehen eher eine Stagnation oder minimale Bewegungen auf sich zukommen. Unter dem Strich steht eine Verschlechterung.
 
Der Geschäftsklimaindikator, der die aktuelle Lage und die Prognose bis zum Herbst für das ganze heimische Handwerk zusammenfasst, erreicht 107,3 Punkte. Das ist eine Schwächung von minus 3,4 Punkten gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt zeigt der Indikator bei einem Wert über 100 eine zaghaft positive Stimmung an.
 
Die Laune ist im Münsterland mit einem Geschäftslageindikator von 108,6 Punkten etwas besser als in der Emscher-Lippe-Region mit 103,4 Punkten. Diese Unterschiede betreffen sowohl die Einschätzung der aktuellen Lage als auch die Zukunftsentwicklung.
 
 
Die Kapazitätsauslastung tritt im Jahresvergleich fast auf der Stelle. Sie erreicht 79,4 Prozent und liegt damit 0,2 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Dieser Auslastungsgrad entspricht exakt dem saisonalen Durchschnitt seit 2014.
 
Die Auftragsreichweiten betragen 9,9 Wochen und sind damit über alle Branchen hinweg im Jahresvergleich annähernd unverändert. Auffallend ist, dass die Kunden von Betrieben des Bauhauptgewerbes 1,7 Wochen weniger warten müssen, bis ihre Aufträge abgearbeitet sind. Am anderen Ende der Skala befinden sich die Anbieter für den gewerblichen Bedarf. Bei ihnen legten die Auftragsreichweiten um 2 Wochen zu.
 
Der Auftragsbestand im Handwerk hat sich weiter reduziert. Die Betriebe nehmen für die kommenden Monate eine weitere Verringerung an. Die Verkaufspreise stiegen weniger dynamisch als in den vergangenen Jahren. Die auf dem Markt durchsetzbaren Erhöhungen der Verkaufspreise konnten den Auftragsrückgang nicht aufwiegen. In Folge kippten die Umsätze ab, und zwar mehr als in den beiden letzten Frühjahren.  
 
Die Beschäftigung ist in einem Maß gesunken, das wir seit der Finanzkrise nicht beobachtet haben. 13 Prozent der Befragten sagen, ihr Personalbestand ist gestiegen. 22 Prozent berichten von einem Personalrückgang. Der Saldo beträgt minus 9 Punkte. Diese Verminderung hat zwei wesentliche Ursachen:
Zum einen fehlen Fachkräfte und Auszubildende, zum anderen wirkt sich eine negative Geschäftsentwicklung entsprechend auf den Personalbestand aus. Die Betriebe hoffen auf einen kleinen Beschäftigungszuwachs über den Sommer. Über alle Gewerke hinweg bieten 40 Prozent der Befragten derzeit offene Stellen an. 60 Prozent suchen keine personelle Verstärkung. Der Fachkräftebedarf ist eine Megaherausforderung.
 
Sehr große Sorgen bereitet uns das frostige Investitionsklima mit einem Indikator von 83,3 Prozentpunkten. Es ist so schlecht wie seit 30 Jahren nicht. Die aktuelle Investitionsneigung der Betriebe ist merklich zurückhaltend. Die Erwartungen sind es noch mehr. Hier machen sich die verunsichernden Rahmenbedingungen, die schlechte Auftragslage und die fragile gesamtwirtschaftliche Entwicklung bemerkbar.
 
Eine Analyse der einzelnen Handwerksbranchen legt große Unterschiede offen.
 
Im Kraftfahrzeuggewerbe ist die Laune mit einem Geschäftslageindikator von 120,7 Prozentpunkten am besten. Aber auch dieser Wert bedeutet eine leichte Abwärtsbewegung gegenüber dem Vorjahr um 1 Punkt. Gleichzeitig stieg die Kapazitätsauslastung um 1,4 auf 79,9 Prozentpunkte. Über die Hälfte der Betriebe (54 Prozent) verbuchte im vergangenen Halbjahr „gute“ Geschäfte. Die Umsätze legten bei deutlich wachsendem Auftragsbestand zu. Die Branche hat ihre Investitionen ein wenig hochgefahren. Es wurde zusätzliches Personal eingestellt. Für die kommenden Monate wird ein Beschäftigungszuwachs erwartet, aber auch eine leichte Verschlechterung der Geschäfte. 
Der Geschäftsklimaindikator im Gesundheitsgewerbe erreicht 118,5 Prozentpunkte und damit gegenüber dem Vorjahr ein kleines Plus von 3,4 Punkten. In dieser Branche nahm die Kapazitätsauslastung am stärksten zu, und zwar um 3,9 auf 76,6 Prozentpunkte. Fast die Hälfte (48 Prozent) berichtet von „guten“ Geschäften. Die Umsätze stiegen moderat. Es gab dennoch den größten Stellenzuwachs. Die Branche geht als einzige von einer positiven Entwicklung der Geschäftslage bis zum Herbst aus. Vermutlich auch deshalb wurde am meisten investiert. Weitere Investitionen sind in Planung.
 
Das Nahrungsmittelgewerbe kommt auf 111,8 Prozentpunkte. Es hat mit 10,8 Punkten die erfreulichste Stimmungsverbesserung innerhalb eines Jahres. Die Kapazitäten sind aber nur magere 0,1 Punkte mehr ausgelastet als vor einem Jahr; die aktuelle Auslastung liegt bei 75,7 Prozentpunkten. 43 Prozent registrieren gute Geschäfte. Die Umsätze schaffen ein Plus und werden am besten von allen Branchen bewertet. Nach einer negativen Beschäftigungsentwicklung sind über den Sommer Einstellungen geplant. Es zeichnet sich ein konjunkturelles Treten auf der Stelle ab. Die Investitionstätigkeit ließ deutlich nach, aber die Betriebe schmieden von allen die größten Investitionspläne.
 
In den Handwerken für den gewerblichen Bedarf liegt der Geschäftslageindikator bei 108,3 Prozentpunkten. Die Gruppe hat gegenüber dem Vorjahr 1,7 Punkte verloren. Grund ist die erwartete Verschlechterung der Geschäfte. Gleichwohl ist die aktuelle Geschäftslage durchaus noch positiv; 40 Prozent machen gute Geschäfte. Allerdings haben sich die Auftragslage und Umsätze verschlechtert. Die Auslastung der Kapazitäten stieg im Vergleich mit dem Vorjahr um 0,9 auf 77,9 Prozentpunkte. Die Beschäftigung verringerte sich in den vergangenen Monaten. Die Betriebe planen jedoch auch hier mehr Einstellungen bis zum Herbst. Erwartet wird ein weiterer Rückgang der Aufträge bei Umsatzstagnation. Die Investitionsneigung ist jetzt und für die nahe Zukunft deutlich abgekühlt.
 
Die Baukonjunktur ist kritisch. In den Baugewerken ist die Kapazitätsauslastung zwar am höchsten, aber die Stimmung tief im Keller. Die aktuelle Geschäftslage ist zwar durchaus positiv, aber die Prognose am negativsten. Der Geschäftslageindikator schafft im Ausbaugewerbe 108,6 Prozentpunkte. Das bedeutet einen Rückgang um 4,8 Punkte gegenüber dem Vorjahr. Die Kapazitäten der Betriebe sind zu 82 Prozent ausgelastet. Das sind 1,3 Punkte weniger als vor einem Jahr. 52 Prozent der Befragten bewerten ihre Geschäftslage mit „gut“.
Im Bauhauptgewerbe landet der Geschäftslageindikator bei 100,2 Prozentpunkten. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Einbruch um 10,8 Punkte. Das ist das größte Minus aller Gewerkegruppen.  Die Kapazitätsauslastung verlor 1,2 Punkte und beträgt aktuell 84,4 Punkte. Hier machen 44 Prozent gute Geschäfte. Die Aufträge sind in den Baugewerken am meisten zurückgegangen. Die Betriebe erwarten, dass sich die Zurückhaltung der Auftraggeber fortsetzen wird. In Folge rechnet man mit einer Fortsetzung der starken Umsatzrückgänge in den kommenden Monaten. Es gab Beschäftigungsverluste. Während sich diese im Bauhauptgewerbe in den kommenden Monaten voraussichtlich vergrößern, plant das Ausbaugewerbe kleine Personalzuwächse. Ausdruck des Pessimismus auf dem Bau ist die mit Abstand geringste Bereitschaft zu Investitionen in den kommenden Monaten.
 
Die Personenbezogenen Dienstleister beurteilen ihre vom Konsum der Endverbraucher abhängige Konjunktur hinsichtlich Lage und Prognose negativ. Wenngleich sich der Geschäftslageindikator um 1,5 Prozentpunkte leicht verbesserte, signalisiert er mit 96,3 Punkten eine nach wie vor gedrückte Stimmung. Die Kapazitätsauslastung ließ mit 2,4 Punkten am meisten nach. Sie liegt bei 66,8 Prozentpunkten und damit sowieso schon am niedrigsten. Negativ fällt auch die Einschätzung aktueller und künftiger Umsätze, Beschäftigtenzahlen und Investitionen aus.


 
Teilnehmer
 
844 Betriebe aus 41 Gewerken im Kammerbezirk Münster haben an der Konjunkturumfrage teilgenommen.
 
  • Bauhauptgewerbe (138): Maurer und Betonbauer, Zimmerer, Dachdecker, Straßenbauer, Gerüstbauer
  • Ausbaugewerbe (364): Stuckateure, Klempner, Maler und Lackierer, Installateur und Heizungsbauer, Elektrotechniker, Tischler, Raumausstatter, Glaser, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker
  • Handwerke für den gewerblichen Bedarf (103): Feinwerkmechaniker, Elektromaschinenbauer, Land- und Baumaschinenmechatroniker, Kälteanlagenbauer, Metallbauer, Gebäudereiniger, Informationstechniker, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Modellbauer
  • Kfz-Gewerbe (65): Karosserie- und Fahrzeugbauer, Kfz-Techniker
  • Nahrungsmittelgewerbe (29): Bäcker, Konditoren, Fleischer
  • Gesundheitsgewerbe (32): Augenoptiker, Zahntechniker, Hörakustiker, Orthopädieschuhmacher, Orthopädietechniker
  • Personenbezogene Dienstleistungsgewerbe (113): Friseure, Schuhmacher, Uhrmacher, Damen- und Herrenschneider, Fotografen, Textilreiniger, Kosmetiker
 
 

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Kim Pompey

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